Winkelfehlsichtigkeit
Was ist Winkelfehlsichtigkeit?
Kaum ein Begriff ist unter Augenoptikern, aber auch zwischen Augenoptikern und Augenärzten so umstritten, wie die „Winkelfehlsichtigkeit“. Wir wollen hier nicht Stellung für die eine oder die andere Methode oder Bezeichnung beziehen, sondern sie nur beschreiben, damit Sie als Leser einen Überblick bekommen.
Unter der auch Heterophorie genannten Winkelfehlsichtigkeit versteht man ein latentes und verdecktes, also nicht sichtbares Schielen. Das manifeste „richtige“ Schielen hingegen ist beim Blick auf die schielenden Augen deutlich wahrnehmbar. Die Winkelfehlsichtigkeit ist der Heterophorie sehr nahestehend und nicht selten werden beide Begriffe gleichbedeutend gebraucht. Diese Störung des beidäugigen Sehens kann zahlreiche Missempfindungen wie Kopfschmerzen, Verspannungen oder ein gestörtes räumliches Sehen verursachen.
Sehprobleme bei Winkelfehlsichtigkeit
Im Ursprung ist Winkelfehlsichtigkeit ein Begriff, der bereits in den 1950-er Jahren von dem Augenoptiker und Dozenten an der Berliner Fachschule für Optik und Fotografie Hans-Joachim Haase geprägt wurde.
Nach Haases Vorstellung konnte diese Form des verdeckten Schielens ausschließlich mittels der von ihm entwickelten Verfahrensweise (Mess- und Korrektionsmethode nach Haase, MKH) bestimmt und korrigiert werden. Winkelfehlsichtigkeit bedeutet nach der Haase-Theorie eine Störung des beidäugigen Sehens, die sich in einem Bildlagefehler äußert, da die beiden Sehachsen voneinander abweichen. Als Ursache hierfür werden unterschiedlich lange äußere Augenmuskeln der beiden Augen vermutet. Dadurch wird ein vom Augenpaar angeblicktes Objekt nicht von jedem der beiden Augen auf korrespondierenden Netzhautstellen abgebildet. Eine Fusion, also eine Verschmelzung der beiden Bilder zu einer Abbildung ist für das Augenpaar dann nur mit hohem Aufwand möglich.
Nach Ansicht von Haase ist diese Anomalie eine Fehlsichtigkeit etwa wie eine Kurzsichtigkeit, die mit einer Prismenbrille korrigiert wird. Die Haase-Methodik wird in den "Richtlinien zur Korrektion von Winkelfehlsichtigkeit" von der Internationalen Vereinigung für Binokulare Vollkorrektion "(IVBV)" beschrieben.
Dieses Verfahren ist sowohl unter Augenoptikern umstritten als auch zwischen Augenoptikern und Augenärzten. Die gesamte Methodik nach Haase ist bis heute nicht wissenschaftlich anerkannt. Die Augenärzteverbände betrachten Symptomatiken und Beschwerden, wie sie der Begriff Winkelfehlsichtigkeit umschreibt als Heterophorie und sehen in den wissenschaftlich anerkannten Mess- und Korrektionsmethoden zur Heterophorie die Mittel der Wahl. Für die Untersuchung gibt es ein festgelegtes Verfahren, das in der DIN 5340 209 standardisiert ist.
Winkelfehlsichtigkeit und Heterophorie – synonyme Begriffe?
In der Praxis werden die beiden Begriffe Winkelfehlsichtigkeit und Heterophorie heute nicht selten synonym verwendet, denn ob man es als Fehlsichtigkeit oder Krankheitsbild sieht, sind Beschwerden und Erscheinungen ähnlich bis gleich. Die synonyme Verwendung des Wortes Winkelfehlsichtigkeit auch für die Heterophorie liegt an der Griffigkeit des Begriffs, unter dem sich auch der Laie etwas vorstellen kann. Tendenziell koppelt sich der Begriff Winkelfehlsichtigkeit von der alleinigen Bezeichnung für die Haase-Methode immer mehr ab.
Auch im Kundengespräch beim Augenoptiker zeigt es sich als sehr gut verständlich und ist mehr und mehr auch zu einer Art Übersetzung des Worts Heterophorie geworden. Das gilt auch für die vielen Augenoptiker, die das Haase-Verfahren nicht anwenden.
Ursachen von Winkelfehlsichtigkeit
Im Grunde bezeichnet der Begriff Winkelfehlsichtigkeit eine Störung des beidäugigen Sehens. Winkelfehlsichtigkeit bedeutet, dass das ideale Zusammenspiel beider Augen gestört ist, bei dem die beiden Abbildungen vom Gehirn zu einem Einzelbild fusioniert werden, also verschmelzen. Dafür jedoch müssen die beiden Seheindrücke auf korrespondierenden Netzhautstellen abgebildet werden. Das tun aber längst nicht alle Augenpaare.
Blick bei Winkelfehlsichtigkeit
Häufiger als man denkt, kommt es bei menschlichen Augenpaaren zu Bildlagefehlern. Das bedeutet, die Einzelabbildungen liegen auf nicht korrespondierenden, also nicht zusammenspielenden Netzhautstellen. Die Augen versuchen nun, durch verstärkte Anstrengung der Augenmuskeln diesen Fehler auszugleichen und durch diese motorische Fusion Doppelbilder zu vermeiden. Auch die für die Bildauswertung zuständige sensorische Fusion hilft dabei, aus den beiden vom Augenpaar vermittelten Seheindrücken Einfachsehen zu ermöglichen. Liegen die Bilder auf nicht korrespondierenden, disparaten Netzhautstellen, aber noch innerhalb der Panum-Bereiche, kann trotzdem einfach gesehen werden. Das wird dann als Fixationsdisparation bezeichnet.
Heute nimmt man an, dass solche Fehler im Zusammenspiel der Augen vor allem von den einem Ungleichgewicht der Augenmuskeln beider Augen herrühren.
Daueranspannung bei Winkelfehlsichtigkeit
In jedem Auge setzen sechs Muskeln außen am Augapfel an. Gesteuert werden sie von drei Hirnnerven. Dieses System sorgt für das bewegliche Zusammenspiel beider Augen und koordiniert die Augenbewegungen. Funktioniert es aber nicht optimal, ist ein unverhältnismäßig hoher Aufwand für das Augenpaar nötig, um einen Gegenstand so zu fixieren, dass er von beiden Augen auf korrespondierenden, also zusammenspielenden Netzhautstellen abgebildet wird. Vom Gehirn kann er dann als ein Bild dreidimensional mit räumlichem Sehen erkannt werden.
Hat ein Augenpaar also Augenmuskeln, die ein Ungleichgewicht bei der Bewegungsarbeit zeigen, etwa weil einer der Augenmuskel zu lang ist, oder Innervationsstörungen (Störung der Nervenversorgung) der Augenmuskeln bestehen, ist es winkelfehlsichtig. Eigentlich müsste dieses Augenpaar „schielen“, versucht dies aber ständig durch einen Mehraufwand im muskulären und Nervenimpuls-Bereich zu kompensieren um ein einzelnes Bild zu liefern. Wie man sich vorstellen kann, ist das auf Dauer sehr anstrengend und führt zu Beschwerden wie Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Schwindel.
Symptome von Winkelfehlsichtigkeit
Die Symptome, die eine Winkelfehlsichtigkeit begleiten, werden unter dem Begriff asthenopische Beschwerden zusammengefasst. Das Wort Asthenopie stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet „zum Sehen gehörend“. Der Begriff „asthenopische Beschwerden“ umfasst somit allgemein einen ganzen Komplex von Symptomen, die von visuellen Belastungen der Augen herrühren.
Eine der Hauptursachen asthenopischer Beschwerden ist das gestörte Augenmuskelgleichgewicht durch Winkelfehlsichtigkeiten/Heterophorien. Dabei versucht das Abbildungssystem ständig, mit großer Beanspruchung der Augenmuskeln Doppelbilder zu vermeiden. Diese Überanstrengung kann von Kopfschmerzen bis hin zu Doppelbildern die ganze Palette der muskulären asthenopischen Beschwerden hervorrufen.
Die klassischen asthenopischen Beschwerden bei der Winkelfehlsichtigkeit sind:
- Das Gefühl schwerer Lider
- Gerötete und tränende schmerzende Augen, besonders bei viel Naharbeit
- Schnelles Ermüden verbunden mit allgemeinem Unwohlsein
- Verschwommensehen, da Ihr Sehapparat die Priorität immer auf Einfachbilder setzt, auch wenn von Fall zu Fall das auf Kosten des Scharfsehens gehen kann.
- Gefühl von leichtem Schwindel
- Konzentrationsschwäche
- Unsicherheit beim räumlichen Sehen, Schwierigkeiten beim Einschätzen von Entfernungen
- Kopfschmerzen
- Blendungsempfindlichkeit besonders beim nächtlichen Autofahren
- Ständig oder von Zeit zu Zeit Wahrnehmen von Doppelbilder, besonders im Nahbereich
All diese Missempfindungen nehmen im Laufe des Tages mit der Dauer der visuellen Belastung meist zu. Weitere Symptome, die der Winkelfehlsichtigkeit zugeschrieben werden, sind kindliche Probleme beim Lesenlernen. Auch wird ein ursächlicher Zusammenhang der Winkelfehlsichtigkeit mit Störungen wie der Legasthenie, des ADS und des AFHS vermutet, was aber bisher wissenschaftlich nicht ausreichend belegt ist, es gibt dazu keine wissenschaftlich durchgeführten anerkannten Studien oder Versuchsreihen.
Sie merken vielleicht gerade, dass die Asthenopie aus sehr verschwommenen Beschwerdebildern besteht, die fast alle nicht nur eine Fehlsichtigkeit, eine Winkelfehlsichtigkeit oder Heterophorie als Ursache haben können, sondern leider auch Beschwerdebilder ernsthafter Krankheiten, wie der multiplen Sklerose oder eines Hirntumors sein könnten.
Dem Besuch bei Ihrem Augenoptiker sollte daher eine Abklärung beim Augenarzt folgen, der sonstige schwere Augenprobleme oder Allgemeinerkrankungen ausschließen kann und Sie soweit nötig auch an einen weiteren Facharzt überweisen wird. So kann ein etwaiges schweres Krankheitsbild rechtzeitig entdeckt werden.
Winkelfehlsichtigkeit Feststellung
Sowohl eine Prüfung auf Heterophorie als auch eine Prüfung auf Winkelfehlsichtigkeit mit der MKH-Methode (Mess- und Korrektionsmethode nach Haase) ermittelt einen Wert, um welchen Wert die Bildlagen des Probanden verschoben sind, beziehungsweise wie hoch der Schielwinkel ist. Beide Verfahren nutzen heute als Maß für die nötige Prismenkorrektur die Einheit cm/m. Diese Einheit sagt aus, um wie viele Zentimeter ein Prisma den abbildenden Strahl in einem Abstand von einem Meter umlenkt. Früher wurde diese Maßeinheit Prismendioptrie (Dioptrie) genannt, es gilt also 1 cm/m = 1 prdpt..
Das rechte Auge bildet bei diesem Test die waagerechten Balken ab, das linke Auge die senkrechten Balken. Besteht binokulares Gleichgewicht, stellt sich ein Bild, wie dieses Kreuz dar. Besteht eine Winkelfehlsichtigkeit, laufen senkrechte und waagerechte Balken auseinander und bilden kein Kreuz mehr. Das wahrgenommene Bild kann dann etwa so aussehen:
Kreuztest bei Winkelfehlsichtigkeit
Bei einer Heterophorieprüfung ist der Schober-Test ein beliebtes Verfahren (Anaglyphen-Trennung):
Schober-Test für die Heterophorie Bestimmung
Bei einer bestehenden Heterophorie wandert das Kreuz aus dem Zentrum hinaus. Das kann dann so aussehen:
Kreuz außerhalb des Zentrums bei bestehender Heterophorie
Eine Prüfung auf Winkelfehlsichtigkeit nach der MKH von Haase unterscheidet sich nach einer Prüfung auf Heterophorie hauptsächlich hierdurch:
- Beim MKH wird die Fusion der beiden Augen bei der Prüfung nicht total unterbrochen, sondern nur teilweise bei gleichbleibendem Dissoziationsgrad. Deshalb nennt man diese Prüfungsart auch ein assoziierendes Verfahren. Durchgeführt wird am Polatest-Prüfgerät eine ganze Reihe von Tests wie der Kreuztest, der Stereo-Dreieckstest, der Hakentest oder der Zeigertest.
- Bei der Prüfung auf Heterophorie hingegen wird die Fusion komplett ausgeschaltet, wie es im Verfahren nach DIN 5340-209 vorgesehen ist. Meist werden hier Testanordnungen wie der Schober-Test verwendet.
- Bei der MKH wird auf einen Bildlagefehler geprüft, bei der Heterophorieprüfung wird der Schielwinkel bestimmt.
- Bei der ursprünglichen MHK wird auf eine prismatische Vollkorrektion getestet, oder „binokulare Vollkrorrektion“, wie es die Internationale Vereinigung für binokulares Sehen“ nennt. Die meisten Augenoptiker bestimmen heute aber nur die jeweils nötige Korrektion, die ausreicht, um eine Fusion herstellen zu können und Doppelbilder zu vermeiden. Das bedeutet in der Praxis, dass sie nur den Bereich der Anomalie korrigieren, der dekompensiert ist, also den Teil, den das Augenpaar nicht von allein leisten kann. Es wird hier nach der Minimalkorrektion gesucht, die ein Doppeltsehen und die damit verbundenen Beschwerden verhindert.
- Nach Ansicht der Augenärzteverbände führt die Vollkorrektion einer dekompensierten Heterophorie allzu leicht zu einem Prismenaufbau, das heißt, es werden immer stärkere Prismenverodnungen benötigt, um die Beschwerden auszuschalten. Dies aber kann zu einer Augenoperation führen, weil die nötige Prismenstärke nicht mehr in eine Brille einzubauen wäre und auch ästhetisch nicht mehr akzeptabel ist.
- Für die Haase-Methode ist die Prismenbrille die einzige Korrektionsmöglichkeit, nicht so für die Augenärzte, für die eine Prismenkorrektur nur eine Möglichkeit der Behandlung einer Heterophorie ist neben der Sehschule und orthoptistischen Übungsbehandlungen.
Winkelfehlsichtigkeit Sehtest/Selbsttest
Nach neuesten Erkenntnissen betreffen kleinere und größere Winkelfehlsichtigkeiten / Heterophorien bis zu 80 % aller Menschen. Doch nimmt sie längst nicht jeder Mensch wahr. Unübersehbar werden Winkelfehlsichtigkeiten und Heterophorien, wenn Doppelbilder erscheinen, spätestens dann, aber auch bei allen diffusen und asthenopischen Beschwerden sollten Sie sich testen lassen.
Einen einfachen Selbsttest, der erste Anhaltspunkte und einen Hinweis auf eine mögliche Winkelfehlsichtigkeit liefert können Sie einfach ohne weitere Hilfsmittel so ausführen:
Decken Sie eines Ihrer Augen mit einem hellen Blatt Papier oder einem hellen Stück Stoff ab. Mit dem geöffneten, frei liegenden Auge fixieren Sie einen Gegenstand für einige Zeit, dann ziehen Sie die Abdeckung rasch vom anderen Auge. Was passiert dabei? Scheint sich das Bild zu bewegen, oder rutscht es hin und her? Gleiten zwei Bilder übereinander und verschmelzen dann zu einem Bild? Jede dieser Erscheinungen könnte ein Anhalt für eine mögliche Winkelfehlsichtigkeit sein. Sie können diesen Test mit fixierten Objekten wiederholen, die in verschiedenen Entfernungen liegen. Fangen Sie mit einer Distanz von mindestens drei Metern an, wiederholen Sie den Test dann in einer mittleren Entfernung von etwa 1-1,5 m, danach im Nahbereich, also bei einem Abstand von rund 40cm.
Ein einfacher Selbsttest kann erste Anhaltspunkte auf eine mögliche Winkelfehlsichtigkeit liefern
Sollten Sie eines der oben beschriebenen Symptome wahrnehmen, gehen Sie bitte zu Ihrem Augenoptiker, erzählen ihm davon und bitten Ihn um eine umfassende Augenprüfung.
Winkelfehlsichtigkeit Korrektur
Eine Winkelfehlsichtigkeit bedeutet ja, dass die Einzelabbildungen der beiden Augen auf nicht korrespondierenden, also nicht zusammenspielenden Netzhautstellen liegen. Wenn die Abbildungen nicht mehr innerhalb der Panum-Bereiche liegen, kann nicht mehr einfach gesehen werden.
Um diese Winkelfehlsichtigkeit / Heterophorie zu korrigieren, muss der Lichtstrahl demnach so umgelenkt werden, dass er zumindest Abbildungen innerhalb der Panum-Bereiche ermöglicht. Unter dem Panum-Bereichen versteht man die enge Umgebung von korrespondierenden Netzhautstellen im Auge, über die trotz dort schon disparater Abbildung bereits ausgereizter motorischer Fusion der Augenmuskelarbeit durch die sensorische Fusion Einzelbilder gesehen werden können. Unter sensorischer Fusion versteht man all die neuronalen Vorgänge im Gehirn, die Netzhautbilder der beiden Augen zu einem einzigen Seheindruck verschmelzen.
1.Korrektur durch Prismengläser/Prismenbrille
Die nötige Umlenkung des Lichtstrahls geschieht mit einem Prismenglas. Es nutzt die Wirkung eines keilförmigen Prismas, den Lichtstrahl zur Basis hin zu brechen und somit abzulenken. Die Basis ist die dicke Glaskante des keilartigen Prismas.
Korrektur Winkelfehlsichtigkeit durch Prismenbrille
Die Stärke der prismatischen Wirkung wird durch die Ablenkung eines Lichtstrahls in Zentimetern ausgedrückt, die in einem Meter Entfernung gemessen wird. Die Einheit für diesen Ablenkungsgrad ist „cm/m“. Früher hieß diese Einheit Prismendioptrie „pdptr“. Mit beiden Bezeichnungen ist das Gleiche gemeint: 1 pdptr= 1cm/m ist die Ablenkung eines Lichtstrahls um 1 cm in 1 m Entfernung.
Prismenbrillengläser zur Korrektur von Winkelfehlsichtigkeiten / Heterophorien können mit der Korrektur für eine bestehende Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit oder Altersweitsichtigkeit kombiniert werden. Das funktioniert selbst bei Gleitsichtbrillen. Die meisten Prismenbrillen haben Prismenwerte von maximal 10 cm/m und sind ästhetisch kaum von „normalen“ Brillen zu unterscheiden. Die benötigte prismatische Wirkung wird immer auf beide Brillengläser verteilt.
Prismengläser mit hoher Prismen-Stärke sind deutlich keilförmig und haben dann eine sehr dicke Kante, die Basis, zu der hin der Lichtstrahl abgelenkt wird.
Prismengläser mit hoher Prismen-Stärke sind deutlich keilförmig
Quelle Foto: wikipedia
2.Korrektur durch Prismenfolie
Eine zweite Korrekturmöglichkeit ist eine Prismenfolie, die auf das Brillenglas einer bereits getragenen Brille selbsthaftend aufgebracht wird. Diese Prismenfolie ist eine Kunststoff-Folie mit in Reihen angeordneten kleinen Prismen in der erforderlichen Stärke, die mit einer Schere passend zugeschnitten werden kann.
Eine Prismenfolie wird oft von Augenärzten zur probeweisen Korrektur einer Heterophorie oder eines manifesten Schielens verschrieben. Auch bei Winkelfehlsichtigkeiten kann mit diesen Folien ein kostengünstiger Trageversuch gestartet werden. Allerdings haben diese Folien einen Nachteil: Die Abbildungsqualität ist deutlich schlechter als bei einem Prismenglas. Daher eignen sie sich auch nur für eine begrenzte Probezeit und keinesfalls als Dauerlösung.
Mögliche Nachteile einer Prismenbrille
- Risiko einer dekompensierten Heterophorie mit einem Prismenaufbau. Dies bedeutet, dass immer stärkere Prismen benötigt werden, um die Beschwerden auszuschalten. Bei Werten um 25-30 Prismendioptrien (entspricht einem Winkel von 15 °) ist dann eine Brillenkorrektur mit Prismengläsern nicht mehr möglich.
- Brillengläser mit prismatischer Wirkung haben schlechtere Abbildungseigenschaften.
- Je höher die Stärke der prismatischen Wirkung, desto dicker ist die Prismenbasis. Die von jedem Prisma erzeugten Farbsäume (chromatische Aberrationen) machen sich mit zunehmender Stärke immer störender bemerkbar.
- Bei höherer Prismenwirkung hohes Gewicht der Brille.
- Bei Prismenwirkungen ab 5 cm/m leidet die ästhetische Erscheinung.
Winkelfehlsichtigkeit bei Kindern
Ihr Kind hat Schulprobleme, ist überfordert, oder bereits als Legastheniker diagnostiziert? Ist Ihr Kind verträumt, konzentrationsschwach, in der Feinmotorik gestört, überreizt oder eher ein rechter Zappelphilipp mit Aufmerksamkeits-Defizit- Störung oder gar Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung?
Möglicher Seheindruck von Kindern mit Winkelfehlsichtigkeit ohne ausreichenden Selbstausgleich
Immer wieder liest man davon, dass eine Winkelfehlsichtigkeit bei Kindern mit ursächlich für eine Lese- und Rechtschreib-Schwäche wie die Legasthenie oder gar von ADS oder ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung) ist.
Natürlich können Kinder feinmotorische Störungen aller Art, Konzentrationsschwächen haben oder ständig überfordert sein, weil sie schlecht sehen. Das kann sicher auch das beidäugige Sehen betreffen. Es könnte auch einen Zusammenhang von Winkelfehlsichtigkeit und ADS, ADHS oder der Legasthenie bestehen, doch fehlt für diese Annahme die wissenschaftliche Anerkennung. Der Berufsverband der Augenärzte gibt an, dass fast 30 % der Kinder, die mit nach der MHK-Methode bestimmten und verordneten Prismenbrillen sich später einer Augenoperation unterziehen mussten, weil die benötigten Prismen so stark waren, dass sie nicht mehr in eine Brille eingearbeitet werden können und eine Augenoperation nötig wurde.
Im frühkindlichen Bereich sollte jedes Kind im Alter von etwa zwei bis zweieinhalb Jahren dem Augenarzt zu einer Kontrolluntersuchung vorgestellt werden. Sehen kann der Mensch zwar prinzipiell von Geburt an, doch ist gutes, störungsfreies Sehen ein Prozess, der gelernt werden muss. Da ist eine frühzeitige Erkennung von Defiziten oder Anomalien für das ganze spätere Leben von großer Bedeutung. Das gilt auch für das beidäugige Sehen, das ein sehr komplexer Prozess ist. Da müssen in diesem Lern- und Entwicklungsprozess bei beiden Augen die Muskelsteuerungen koordiniert werden und die Panum-Bereiche zur Netzhautkorrespondenz gefunden werden, die eine Fusion der Seheindrücke zu einem Bild ermöglichen. Dazu muss das Gehirn lernen, die Abbildungen zu verarbeiten und zu räumlichen Seheindrücken zusammensetzen.
Der gesamte Prägungsprozess des beidäugigen Sehens ist etwa im Alter von drei Jahren abgeschlossen. Bis zu diesem Lebensalter hat auch ein winkelfehlsichtiges Kind den gegensteuernden Prozess der Fusion und Vermeidung von Doppelbildern herausgebildet.
Augenärzte kritisieren die Praxis von Augenoptikern, selbst verordnete Prismenbrillen an Kinder abzugeben. Begründet wird dies von der Augenärzteschaft damit, dass bei mit einer Prismenbrille versorgten Kindern mit latentem Schielen / Heterophorie / Winkelfehlsichtigkeit beim Abnehmen der Brille eine dauerhafte Schielstellung verbleiben kann und Doppelbilder wahrgenommen werden.
In jedem Fall empfiehlt sich bei einem Verdacht auf Winkelfehlsichtigkeit / Heterophorie bei Kindern eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung von Augenoptiker und Augenarzt.